Panel 5 – Völkervertragsrechtliche und methodische Grenzen: Zeitlicher Wandel im Investitionsschutzrecht


Katharina Gatzsche


Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität zu Köln

Katharina Gatzsche ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln. In ihrem von Professor Dr. Heinz-Peter Mansel betreuten Promotionsprojekt beschäftigt sie sich seit 2014 mit bilateralen Investitionsschutzverträgen und ihrem Verhältnis zum allgemeinen Völkerrecht. Ihre Interessenschwerpunkte liegen in allen grenzüberschreitenden Rechtsgebieten; insbesondere im Völkerrecht, im transnationalen Wirtschaftsrecht sowie im internationalen Privatrecht und Verfahrensrecht. Vor dem Beginn ihrer Promotionszeit hat Katharina Gatzsche den deutsch-französischen Doppelstudiengang Rechtswissenschaften (Universität Potsdam/Universität Paris X Nanterre) und ihr Referendariat absolviert und in einer international tätigen Wirtschaftskanzlei gearbeitet.

Einvernehmliche Aufhebungen und Abänderungen bilateraler Investitionsschutzabkommen

Das internationale Investitionsrecht steht weltweit in der Kritik. Vor diesem Hintergrund prüfen Staaten ihre Möglichkeiten eines Rückzugs aus dem Regime. Während die Austritte aus der ICSID-Konvention Gegenstand zahlreicher Untersuchungen sind, ist die Kündigung bilateraler Investitionsschutzabkommen (BITs) als eigentlicher Quelle investitionsschutzrechtlicher Pflichten noch relativ unerforscht.

Die Gelegenheit für BIT-Kündigungen ist denkbar günstig: Ende 2013 ist für 1300 der 3200 BITs weltweit ihre vertraglich vorgesehene Mindestlaufzeit abgelaufen, bis 2018 betrifft dies weitere 350 BITs. Einzelne Staaten haben Kündigungen ihrer BITs ausgesprochen. Ein prominentes Beispiel bildet Südafrika, das für seine nach Ende der Apartheid eingeführte Black Economic Empowerment-Politik mehrfach von Investoren verklagt wurde. Weitere aktuelle Beispiele sind Polen und Rumänien.

Die rechtlichen Grenzen einseitiger Kündigungen sind klar: Sie ergeben sich aus Fortgeltungsklauseln (auch sunset oder survival clauses genannt), die in BITs typischerweise enthalten sind. Die Fortgeltungsklauseln sehen eine Nachwirkung der Schutzstandards zugunsten von Altinvestoren für die Dauer von fünf bis sogar zwanzig Jahren vor. Unklar hingegen ist der Fall, in dem sich die Vertragsstaaten einvernehmlich für eine Aufhebung ihres BIT entscheiden. Weder Mindestlaufzeit noch Fortgeltungsklauseln erfassen diesen Fall, denn diese Bestimmungen entstammen einer Zeit, in der einvernehmliche BIT-Aufhebungen dem Investitionsrecht unbekannt waren. Einvernehmliche Abänderungen von BITs hingegen sind kein neues Phänomen, sondern in den BITs selbst angelegt: BITs werden typischerweise zunächst befristet abgeschlossen und setzen damit ihre Erneuerung durch Neuabschlüsse voraus. Frühere Neuabschlüsse bezweckten eine Verbesserung des Investorenschutzes, insbesondere durch Einführung von Investor-Staat-Schiedsklauseln.

Aktuelle Neuabschlüsse verfolgen demgegenüber ein entgegengesetztes Ziel: Diese sind darauf gerichtet, einen als exzessiv empfundenen Investorenschutz auf ein Maß zurückzuschneiden, das den Vertragsstaaten noch genügend politischen Handlungsspielraum zur Verfolgung öffentlicher Interessen lässt. Anders als frühere Neuerungen führt der heutige Wandel damit überwiegend zu einer Absenkung des Investorenschutzniveaus. Hieraus ergeben sich neue Probleme für die Beurteilung des Schicksals der Alt-BITs, wie sie vor der Abänderung galten.